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Extraits de mon livre



 Räume schaffen für das Gute

Jean Fetz ist konsequent, Jean Fetz ist radikal, Jean Fetz ist radikal konsequent, Jean Fetz ist Jean Fetz. Da ich die Person kannte, ehe ich die Bilder kannte, hatte ich die Möglichkeit, mir Gedanken zu machen, wie ein Mann wie Jean Fetz, der genauso alt ist wie ich, wohl malen könnte. Und noch ehe ich seine Bilder sah, wusste ich, sie würden ehrlich, sie würden radikal, sie würden politisch, wie würden expressiv sein.

Jean Fetz' Bilder, als ich sie dann erstmalig sah, haben mich schlie?lich doch überrascht: durch ihre Qualität, ihre Grö?e, ihre Anzahl. Im Laufe der Jahre kam dann noch die Stringenz dazu, mit der Jean Fetz seine Symbole immer wieder und immer wieder anders einsetzt, und die Strenge in der Komposition.

Sicher erkennt man die Grundlagen, auf denen Jean Fetz' Ästhetik aufbaut. Da wird Beckmann erkennbar, da hat der Expressionismus Pate gestanden, da wirken aber auch die Einflüsse der primitiven Malerei durch, auf die wiederum der Expressionismus aufbaut. Und dass da Beckmann ist, kann auch nicht verwundern, wenn man den Menschen Max Beckmann kennt, der hinter dieser radikal anderen Malerei zu Beginn des letzten Jahrhunderts stand, und ihn im Geiste neben Jean Fetz stellt.  

Genau so konsequent wie Beckmann ist Jean Fetz. Die Malerei ist vielleicht noch die sanfteste Ausdrucksweise dieses radikalen Kopfes. Wenn Jean Fetz zu seinen freihändigen Reden ansetzt, dann kommt die gleiche Konsequenz, die auch in seinen Bildern spricht, noch klarer zum Ausdruck: eben in Wörtern, die nicht abgefedert werden in Bildern. Nicht den Hauch einer Konzession an jene, auf die er angewiesen ist, um seine Ausstellungen durchzuführen, ob Politik oder Sponsor, höchstens eine höfliche Geste des Dankeschöns, aber in der Aussage die gleiche Kraft, die gleiche Überzeugung, die fast als Auftrag verstandene Aufgabe, sich vor und hinter andere zu stellen, denen er der eindeutige und unumstrittene Leader ist.

Jean Fetz herauslösen zu wollen aus der Zeitgeschichte, aus seiner ganz persönlichen Geschichte wäre ihm Unrecht tun. Er verleugnet nichts von dieser Geschichte, er steht zu seinen Projekten, manchmal möchte man glauben, er kann sich genauso wenig von ihnen lösen wie sie sich von ihm.  

Und genauso verhält es sich mit seiner Malerei: Er schafft sich die Freiräume, die er braucht, um seiner scheinbar unerschöpflichen Kreativität ihren freien Ausdruck zu gewähren. Es gelingt ihm offensichtlich, die in ihm wirkenden Kräfte so zu kanalisieren, dass sie sich nicht gegenseitig erschöpfen, sondern unterstützen. Und so scheint alles in Jean Fetz' Leben fast organisch ineinander überzugehen. Scheinbar.

Ich bin fest überzeugt, dass das was wir sehen sozusagen nur die Spitze des Eisbergs ist. Jedes seiner Bilder, zumindest seit er vor über zehn Jahren zu seiner ganz eigenen Ausdrucksweise fand, ist ein Kampf. Die Vertrautheit der Objekte, die er motivisch immer wieder geschickt einsetzt, wird aufgehoben noch bevor sie zur Entfaltung kommt. Häusliche Idylle will sich zu keinem Zeitpunkt einstellen. Die Räume in Jean Fetz' Bildern sind derart begrenzt, dass sie kaum aufnehmen können, was er in sie verfrachtet. Aber Tisch, Stuhl, Karaffe und die üblichen Utensilien, die unser häusliches Umfeld ausmachen, reichen nicht aus und schaffen es nicht, die von Jean Fetz entworfenen Räume wohnlich zu machen. Obschon begrenzt, werden sie zu Kampfarenen, in denen sich die Objekte den Raum gegenseitig streitig machen.

Seit Jean Fetz seinen Bildern ein strengeres Raster unterlegt hat, seit er mit repetitiven, nur scheinbar dekorativen Elementen arbeitet, um diese Räume auszuschmücken, hat sich dieser Eindruck der Entfremdung noch weiter verstärkt. Auch die Präsenz beispielsweise von Gläsern auf dem Tisch oder Bildern an der Wand kann diesen Eindruck nicht abschwächen. Jean Fetz' Bilder stellen in Frage, was sie zum Ausdruck bringen. Sie werden nie Dekoration, die sie auch nicht sein wollen, nicht sein können.

Ich gebe zu, dass ich mich anfangs ein wenig schwer getan habe mit den neueren Bildern, eben wegen dieser noch konsequenteren Härte in der Komposition. Sie sind dadurch noch einnehmender geworden, noch unausweichlicher, noch schwerer zu verdauen. Man würde ihnen gerne ausweichen, aber sie lassen kaum Platz, sie interpellieren in ihrer Expressivität, sie stellen Fragen, sie stellen in Frage. Alles Überflüssige ist aus diesen neueren Bildern verschwunden, man muss sich ihrer Essenz stellen. Ablenkung funktioniert nicht, Flucht erst recht nicht, nur geringe Augenblicke bleiben einem, sich in einem dekorativen Element zu verlieren, ehe das Ganze wieder die volle Aufmerksamkeit verlangt.

Dass man es dann trotz dieser Motive, trotz dieser Härte, trotz dieser Konsequenz mit den Bildern eines Jean Fetz aushält, dass man sogar immer mehr entdecken möchte, hängt mit ihrer Qualität zusammen, mit dem Talent des Malers, der es immer wieder schafft, seiner Kreativität neue Ausdrucksformen abzuverlangen, seine Botschaft anders einzukleiden.

Ich habe nie mit Jean darüber gesprochen, warum er malt. Ich gehöre dieser alten Schule an, in der man davon überzeugt ist, dass die Kunst für sich sprechen muss, dass sie Spiegel ist, dass, wenn man nicht gleich erkennt worum es geht, es lieber ganz bleiben lassen sollte. Bei Jean hat das Malen etwas Beschwörendes. Es ist fast wie ein Ritus. Man möchte glauben, er versucht das Böse einzugrenzen, es in enge Räume zu sperren, damit das Gute den freibleibenden Raum leichter füllen kann. Er tut das nicht nur für sich, nicht nur für seine eigene Vergangenheit, sondern für alle, mit denen er seine Welt teilt. Und darin ist seine Kunst zutiefst politisch, im positiven Sinne politisch. Und man freut sich auch ob der Frage: Wohin mit dieser Energie?, dass er diesen Weg gefunden hat, seine Botschaft zu vermitteln: profund, engagiert, ästhetisch.

 

Par Oswald Schröder